Erfahrungsbericht Geburt

Diese Fotos zeigen einen zu diesem Zeitpunkt 3jährigen Buben, der im Rahmen einer Hausgeburt mit dreifacher Nabelschnur Umschlingung um den Hals geboren wurde.

Medizinisch unproblematisch (APGAR 8/10/10) hat dieses Erlebnis doch tiefen Eindruck bei ihm hinterlassen.

 

Immer wieder hat er sich im Spiel Bänder, Tücher oder Schnüre um den Hals gelegt und zum Teil auch richtig fest zugezogen.

Seine Bezugspersonen konnten den Zusammenhang erkennen und spiegeln:

"Ja, so war das bei deiner Geburt, da hattest du die Nabelschnur um den Hals gewickelt. Wie war das denn für dich?"

Kind "Das war unangenehm. Ich habe geglaubt, ich sterbe."

 

Die Fotos entstanden viele Wochen nach einer Babytherapeutischen Sitzung zuhause, wo das Kind im Arbeitszimmer der Eltern Puppe und Becken fand, und seine Geburt nachstellte...

 

 

Etwa ein halbes Jahr später verlangte der Junge von sich aus wieder nach Puppe und Becken und ausdrücklich auch nach der Nabelschnur.

 

Weit über eine Stunde war er damit beschäftigt, (s)eine Geburt in verschiedenen Variationen nachzustellen.

 

Erste Sequenz:

Er macht einen Knoten in die Nabelschnur und zieht sie richtig fest um den Hals der Puppe.

Mutter "Du hattest bei deiner Geburt keinen Knoten in der Nabelschnur"

Kind "Nein, aber es war genau so eng"

Während der "Geburt" keucht er, als ob er keine Luft bekäme.

Kind "Das Baby muss sich so plagen" und "Wenn es jetzt stecken bleibt, dann stirbt es"

 

Es folgen mehrere "Geburten" mit dreifacher Nabelschnur Umschlingung.

Anfangs mit Knoten in der Nabelschnur, dann mit fester Umschlingung, schließlich nur mehr mit lockerer Umschlingung.

Jedes Mal wickelt er nach der "Geburt" die Nabelschnur rasch und sorgfältig ab und nimmt die Babypuppe tröstend in den Arm.

 

 

Zweite Sequenz:

Die Mutter gibt den Hinweis, dass Babys auch ohne Nabelschnur Umschlingung geboren werden können und dass das viel einfacher für das Baby ist.

Es folgen also mehrere "Geburten" ohne Nabelschnur Umschlingung, wobei der Junge sehr genau beobachtet, was in diesen Fällen mit der Nabelschnur passiert.

Schlussfolgerung des Jungen: "Das Baby muss sich trotzdem plagen, aber es ist angenehmer"

 

 

Viele Jahre später - der Junge ist mittlerweile 6 Jahre alt - berichtet die Mutter über folgendes Erlebnis:

 

Die Familie ist im Sommerurlaub zum Bergwandern. Es geht steil bergauf, alle müssen langsam gehen, um genug Luft zu bekommen.

Der nunmehr 6jährige Junge beginnt nach kürzester Zeit heftig zu keuchen, zu röcheln, macht bei jedem Atemzug ziehende Atemgeräusche und weint "Ich kann nicht mehr, ich kann nicht mehr, ich kriege nicht genug Luft, ich sterbe, wenn ich hier weiter muss"

Was man als "normale" - wenn auch sehr theatralische - Erschöpfungs- oder auch Widerstandsreaktion eines 6jährigen interpretieren könnte, versteht die Mutter in einem anderen Kontext:

Sie versteht - die Atemnot, die durch das Bergsteigen entsteht, triggert die Erfahrung der Atemnot während der Geburt und, hier sehr eindrücklich, die damit verbundene Todesangst "Ich sterbe, wenn ich hier weiter muss".

Genau so hat sich der kleine Junge bei seiner Geburt gefühlt: Erschöpfung, Atemnot, Todesangst.

Die Tatsache, dass er seine Geburt körperlich/medizinisch völlig unbeschadet überstanden hat, minimiert seine damals erlebte Not und Angst in keinster Weise.

Die Mutter setzt sich an den Wegrand und nimmt den 6jährigen in den Arm "Ja genau so ist es dir bei deiner Geburt gegangen. Es war so anstrengend, du hast zu wenig Luft gekriegt, hier - " - sie legt dem Kind drei Finger an den Hals - " - hier war die Nabelschnur rumgewickelt".

Der Junge schreit auf und stößt die Finger der Mutter weg.

Jetzt weinen beide. Der Junge in der Erinnerung an seine Angst. Die Mutter, weil sie plötzlich selber fühlt, wie er sich damals gefühlt hat.

Nach einigen Minuten werden beide ruhiger. Die Mutter schaut den Jungen an "Horch mal, hörst du, wie ruhig dein Atem jetzt geht? Jetzt hast du genug Luft und dein Hals ist ganz frei". Wie um es zu überprüfen greift sich der Junge an den Hals und macht einige Bewegungen, als ob er etwas von seinem Hals lösen und wegschieben würde. Er atmet tief durch.

 

Nach einer Stärkung mit Müsliriegel und Wasser geht die Familie weiter.

Bald schon sind von dem 6jährigen wieder pfeifende Atemgeräusche zu hören. "Ich kann nicht, ich ersticke". Er wirft sich schluchzend auf dem Boden.

Die Mutter hockt sich dazu. "Schau mich an". Sie atmet gemeinsam mit dem Kind. "Spür mal deinen Hals, der ist jetzt ganz frei. Du kannst ganz leicht atmen. Beim Gehen wird es anstrengend, aber dein Hals bleibt trotzdem frei".

 

Diese Szene wiederholt sich in abnehmender Dramatik noch einige Male.

Schließlich reicht es, wenn die Mutter den Jungen während des Gehens daran erinnert, dass sein Körper sich wohl an die damalige Not erinnert, dass aber jetzt der Hals ganz frei ist.

 

Trotz der Pausen für die Geburtsaufarbeitung macht die Familie schließlich die 1000 Höhenmeter bis auf den Gipfel in drei Stunden.

Der kleine Junge ist mächtig stolz auf sich.

Bei den Touren im restlichen Urlaub ist die Atemnot kein Thema mehr.